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7 Gründe Ihr Rechenzentrum auszulagern

Lohnt sich der Betrieb eines eigenen Rechenzentrums überhaupt noch? Welche Vorteile bietet die Auslagerung des Rechenzentrums?

Michael Kostka
Michael Kostka Veröffentlicht am 01.03.2022

Noch vor 10-15 Jahren gehörte für viele Unternehmen der Betrieb eines eigenen Rechenzentrums oder Serverraumes zum Standard. Hat dieses Konzept noch eine Zukunft?

Der Trend geht mittlerweile verstärkt in Richtung Cloud Services oder Colocation Leistungen spezialisierter Anbieter.

Wir schauen uns einmal an welche Gründe dies hat und welche Nachteile der Betrieb eines eigenen Rechenzentrums mit sich bringt.

1. Zertifizierungs-Anforderungen

Eine der größten Hürden liegen in den zunehmend schärferen Anforderungen für marktübliche Zertifizierungen. Als prominenter Vertreter beispielsweise die Zertifizierungen nach ISO 27001 oder IDW PS 951.

Diese stellen letztlich auch einen gewissen Wettbewerbsvorteil gerade in sensiblen Geschäftsbereichen wie Banking, Healthcare und Co. dar.

Die Anforderungen dabei sind vor allem hinsichtlich der physischen Infrastruktur sehr hoch bemessen:

  • Lückenlose Videoüberwachung
  • Redundante Anbindung
  • Zutrittskontrollen & Gebäudesicherheit
  • Klimatisierung (inkl. Staub- und Feuchtigkeitskontrolle)
  • Brandfrüherkennung
  • Schutz vor Wassereintritt
  • uvm.

2. Hoher Kostenfaktor

Wie wir anhand des oben genannten Ausschnitts der Anforderungen sehen können, stellen sich gerade auf baulicher Seite teils kostenintensive Anforderungen.

In vielen Fällen wurden gerade in der Vergangenheit Serverräume innerhalb bestehender Bürogebäude integriert, obwohl die baulichen Gegebenheiten hierfür nicht unbedingt geeignet sind.

Technische Anlagen

Im Bereich RZ-Klimatisierung ist es nicht mit einem handelsüblichen Splitgerät oder gar einer mobilen Klimalösung aus dem Baumarkt getan.

Die technischen Komponenten im Rechenzentrum (Server, Switches, Storage-Systeme, Elektronik) sind auf eine konstante Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit angewiesen (Stichwort: statische Aufladung bzw. Kondensatbildung).

Die Anschaffungskosten für derartige Klimatisierungslösungen bewegen sich sehr schnell im hohen fünf bis sechsstelligen Bereich. Die jährlichen Wartungs- und Stromkosten nicht mit eingerechnet.

Gleiches betrifft auch die Komponenten unterbrechungsfreie Stromversorgung und Notstrom-Aggregate. Bei letzteren kommen noch weitere bürokratische Hürden wie z.B. Genehmigungsverfahren aufgrund der Lärmentwicklung und Umweltgefahren hinzu.

Personal

Letztlich betreibt sich ein Rechenzentrum auch nicht von alleine und gerade initial werden für den Aufbau und die Einrichtung eine Vielzahl spezialisierter Mitarbeiter benötigt.

Gerade dieser Punkt ist aufgrund der Schnelllebigkeit moderner IT-Systeme durch notwendige Schulungen und Zertifizierungen der Mitarbeiter auch ein laufender Kostenblock, der sich tendenziell in Zukunft noch vergrößern wird.

Ein Experte, der sich mit RZ-Infrastruktur, Storage-Systemen und Enterprise Netzwerk-Infrastruktur gleichzeitig auskennt, ist zudem schwer zu finden.

3. Schlechte Skalierung

Unter Punkt 2 hatten wir bereits die lange übliche Integration des Rechenzentrums in bestehende Bürogebäude angesprochen. An dieser Stelle kommen wir auch direkt zu den ersten Problemen hinsichtlich der Skalierung.

Die Platzverhältnisse sind hier meist begrenzt und eine Erweiterung teils gar nicht mehr möglich.

Der Ausweg: Erhöhung der Leistungsdichte durch zusätzliche Racks oder leistungsfähigere Serversysteme.

Auch dies zieht leider wieder eine Kette neuer Probleme nach sich:

  • Ist meine USV für die zusätzliche Belastung ausgelegt?
  • Ist meine Klimatisierung der zusätzlichen Belastung gewachsen?
  • Ist die Stromzufuhr des Gebäudes auf die Mehrbelastung ausgelegt?
  • Reicht die Traglast des Doppelbodens bzw. der Grundfläche aus?

An dieser Stelle muss auch erwähnt werden, dass bei einer USV nicht einfach weitere Batterien "dazugesteckt" werden können. Ab einem gewissen Punkt ist auch ein Austausch der Leistungselektronik - sprich der kompletten Anlage - erforderlich.

4. Verwaltungs- / Administrationsaufwand

Im oberen Bereich hatten wir die Personalkosten und Schulungsaufwände bereits angesprochen. Es geht hier aber nicht nur um den reinen IT-Betrieb des Rechenzentrums.

Gerade von baulicher Seite sind hier weitere Abteilungen, Personen und externe Dienstleister beteiligt. Man sollte den Verwaltungsaufwand in den verschiedenen Phasen nicht unterschätzen.

Bauphase

  • Grundrisse
  • Statik Gutachten
  • Genehmigungen
  • Finanzierungen
  • Koordination von Dienstleistern

Betriebsphase

  • Wartungen
  • Hardware-Refreshs
  • Reparaturen
  • Eingangskontrollen / Protokollierungen
  • Dokumentation
  • Turnusmäßige Zertifizierungen
  • 24x7 Bereitschaft der Mitarbeiter

5. Nachhaltigkeit

Besonders in der heutigen Zeit gewinnt der Ansatz der Nachhaltigkeit auch aus Kostengründen eine ganz neue Bedeutung für Unternehmen.

Bei den Stromhungrigsten Anlagen unserer Zeit gehören Rechenzentren in die Top 10. So entspricht alleine der Betrieb von Googles Rechenzentren dem Stromverbrauch von 3 Ländern zusammen.

Die großen Colocation / Housing Anbieter setzen in diesem Zuge bereits auf Strom aus 100% erneuerbaren Energiequellen. Zudem können die großen Anbieter durch die hohen Abnahmemengen deutlich bessere Bezugspreise als ein Unternehmen mit eigenem kleinen Rechenzentrum erzielen.

Zusätzlich können Konsolidierungsvorteile durch die Zentralisierung von Klimatisierung, Stromversorgung und Überwachung erzielt werden.

6. Hochverfügbarkeit & Redundanz

Wer ein Rechenzentrum ernsthaft und professionell betreiben möchte ist stets mit den Themen Hochverfügbarkeit und Redundanz konfrontiert.

Alles - wirklich ALLES - muss mindestens in einer n+1 Ausprägung vorhanden sein. D.h für jede Komponente, gibt es immer ein Backup, welches am besten nahtlos und ohne Unterbrechnung im Fehlerfall einspringt.

  • Doppelte Internetanbindung (mit 2-Wege Zuführung)
  • Redundante Switches & Backbone-Infrastruktur
  • Redunante Netzwerkverkabelung
  • Redundante Klimatisierung
  • Redundante Stromversorgung
  • Cluster Lösungen (Loadbalancer, Storage, Datenbanken, etc.)

Alleine die oben aufgezählen Faktoren stellen einen gigantischen einmaligen und laufenden Kostenfaktor dar. Zudem bieten vor allem Cluster Lösungen sehr viele Fallstricke und stellen Ihre Administratoren vor neue Herausforderungen.

7. Konzentration auf das Kerngeschäft

Letztlich ist der Betrieb eines eigenen Rechenzentrums auch immer eine Strategiefrage.

Ist der Betrieb des Rechenzentrums wirklich mein Kerngeschäft?

... oder sollte man sich doch lieber auf die Tätigkeiten mit direkter Kundenwirkung konzentrieren?

So hart es klingt und so ungern ich dies als ehemaliger IT-Admin zugebe: Das Rechenzentrum ist und bleibt der Maschinenraum im Hintergrund. In den meisten Unternehmen bekommen die wenigsten Kunden im Optimalfall überhaupt etwas davon mit. Es muss einfach nur laufen und sicher sein, der Rest ist aus Kundensicht zweitrangig.

Fazit

Der Betrieb eines eigenen Rechenzentrums ist aus unserer Überzeugung für die meisten Unternehmen vor allem mit Blick in die Zukunft ein Verlustgeschäft. Dennoch gibt es hier durchaus berechtigte Gründe warum eine teure Eigenlösung Sinn ergibt.

So können beispielsweise explizite Kundenanforderungen einen Inhouse Betrieb rechtfertigen. Zudem gibt es bei der Auslagerung der Hardware in ein fremdes Rechenzentrum auch immer Sicherheitsabwägungen. Beispielsweise wer letztlich physisch auf die Systeme Zugriff nehmen könnte.

Michael Kostka
Michael Kostka Autor

Geschäftsführer / CEO

Gründer und Geschäftsführer der EntekSystems GmbH. Herr Kostka verantwortet bei uns die Bereiche technischer Vertrieb und Leitung des Tagesgeschäfts.

Colocation, Hosting und Managed Services

Im zertifizierten Rechenzentrum am Standort Frankfurt / Main

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